Smartphone-Junkies

8. April 2013

Ist ja unglaublich, was man heute schon alles per Handy erledigen kann: Kostenlos chatten mit Menschen in der ganzen Welt (Entschuldigt bitte – chatten ist sowas wie “unterhalten”, kennt ihr das noch? Chatten ist bloß ohne sprechen zu müssen!), was früher per Telefon unbezahlbar war, sogar Videotelefonie wie Skype ist mit dem kleinen PC, was sich Smartphone nennt, möglich. Wir rufen mal eben für die Heimatstadt oder jeden beliebigen Ort der Welt das Wetter der nächsten Woche ab, lesen die Nachrichten, auch die der mitteilungsfreudigen Freunde über Facebook / Twitter, schreiben unseren Einkaufszettel, Notizen jeglicher Form, die jederzeit abrufbar sind (nicht etwa wie die Zettelwirtschaft, die man früher mal hatte), macht und checkt Termine, geht shoppen im Internet, hört Musik, spielt, liest Bücher, zählt die Schritte beim Sport, hat Rezepte immer griffbereit, sämtliche Fotos ebenso, schleppt alle Telefonbücher mit sich herum ohne viel Gewicht und kann fast alles per Handy erledigen.

Nebenbei kann man damit auch telefonieren und ist somit immer und überall für jeden, der die Telefonnummer hat, verfügbar. Daher schleppen wir das Handy auch überall mit hin, bis in den persönlichsten Rückzugsraum – das Bad. Ja, genau! Früher gingen die Männer noch mit Zeitung aufs Klo, heutzutage gehen alle – Männer und Frauen – mit Smartphone zum Stuhlgang.

Dort kann man “in Ruhe” mal eben die anliegenden Termine checken, Emails abrufen, per WhatsApp sich mit der ganzen Familie (über eigens dafür eingerichtete Gruppen) und Freunden austauschen, den Blog nochmal nachlesen bevor man ihn online stellt, bei den Kindern in der Schule per App auf deren schwarzes Brett schauen, ob jemand eher nach Hause kommt, etc. und den morgigen Tag vorplanen.

Könnte das Ding auch Kaffee kochen – ICH würde es tun! Schließlich bestelle ich die Kapseln für die tolle Kaffeemaschine ebenfalls über die superschnelle App..


Ich selbst bin auch im Haus kaum noch ohne Handy unterwegs. Falls es nämlich im Erdgeschoss liegt und klingelt, während ich oben irgendwas zu tun habe, muss ich rennen. Also habe ich es in der Hosentasche – so’n iPhone5 ist ja ganz schön unhandlich in diesen winzigen Hosentaschen der Hüftjeans..

Es gibt dafür sogar eine medizinische Bezeichnung: “Nomophobie” ist die Angst, nicht erreichbar zu sein. Im Zeitalter von iPhone, iPad etc. ist man “nie mehr ohne”. Ich selbst bin auch eine von ihnen und frage mich zunehmend, ob denn das wirklich sein muss. Muss ich ständig und überall erreichbar sein – immer up to date sein?
“Maggy Thatcher ist tot.” – “Weiß ich schon seit einer halben Stunde!” – Ach, der hat ein besseres Nachrichten-App als ich, das noch schneller ist?

Für die Couch reicht das iPhone schon nicht mehr aus, da ist ja immer alles so klein und lesen in dem Schummerlicht… Dafür gibt’s ja das iPad! Mal kurz die Mails checken bevor der Tatort anfängt. Wie verrückt sind wir eigentlich?

Treffen sich Männer irgendwo zum Bierchen, ist ganz schnell das erste Thema: “Ich hab da ‘ne neue App – die ist richtig toll!” Achtet mal darauf – ich muss immer grinsen, wenn ich das sehe wie sich alle gegenseitig ihre Fotos, YouTube-Videos und Apps zeigen. Aber mittlerweile mache ich da auch schon mit… Ohje! Die Frauen zeigen sich per Foto oder aus dem Internet heruntergeladen den neuesten Schrei, den sie sich kaufen werden oder schon erstanden haben, die aktuellsten Urlaubsfotos etc. Macht ja Spaß, aber wie weit wollen wir damit gehen? Wohin führt das? Das Smartphone kontrolliert uns und führt uns durch den Alltag, die Freizeit, durch das ganze Leben!

Mal ganz ehrlich: das ist doch schrecklich, sich so abhängig zu machen von einem Handy. Es gibt kaum ein Zusammensein mehr, ohne dass alle ihr Handy dabei haben. – Ich bin ja selbst so, trotzdem nervt es mich.

Ich könnte platzen vor Ärger, wenn ich mit Leuten essen gehe und diese während der Unterhaltung alles per Google belegen müssen. Wer hat Recht, wie war die Geschichte noch genau? Alles wird mal eben gegoogelt. Oder zwischendurch mal kurz die Emails abzurufen, eine SMS zu beantworten, finde ich in solch einer Runde mehr als unverschämt. Wie muss man sich denn da vorkommen? Als so uninteressanter Gesprächspartner, dass wichtigere Dinge erledigt werden müssen..

Natürlich gibt es auch Kreise, in denen das ok ist, weil man vorher darüber gesprochen hat, z.B. “Meine Mutter meldet sich gleich eben, mit der muss ich mal kurz sprechen. Ich entschuldige mich jetzt schonmal dafür.” oder “In der Firma gibt es Stress, da muss ich leider gerade verfügbar sein!” oder: “Die Kinder haben zum ersten Mal einen neuen Babysitter. Ich habe gesagt, sie dürfen sich jederzeit melden, falls etwas sein sollte.” Allerdings muss man doch zugeben, dass viele Menschen diese Benimmregeln nicht mehr kennen und einfach fröhlich weiter chatten, lesen, schreiben, abrufen, etc., während man mit anderen Menschen beisammen sitzt. Inzwischen haben ja schon FAST alle den Knopf für “lautlos” gefunden – damit sind wir schon einen guten Schritt weiter. Dass es im Restaurant oder bei Veranstaltungen irgendwo klingelt, ist ja schon seltener geworden… aber immer noch peinlich!

Schonmal beobachtet, wenn ein Paar im Restaurant sitzt – jeder mit seinem Smartphone? Die unterhalten sich teilweise gar nicht mehr! Jeder tippt stumm vor sich hin und wartet so aufs Essen, auch wenn Kinder dabei sind – nicht selten haben auch die ihre eigenen Handys und spielen irgendwas während des lästigen Wartens aufs Essen. Erst wenn der Kellner kommt und serviert, wird das Handy weg gelegt. Huch, da ist ja noch reale Welt?! Längst sind es nämlich nicht mehr nur die Jugendlichen, die nicht mehr in der Lage sind, sich miteinander zu unterhalten. Kürzlich hörte ich in einer Kneipe: “Hey, ich hab hier ja gar keinen Handyempfang!” Entgegnet der Kellner: “Ja, sehen Sie, hier muss sich eben jeder mit demjenigen unterhalten, mit dem er hier hergekommen ist!” . Leute, dann ist doch wohl schon alles zu spät, oder?

Ist man dann schon süchtig? Ich denke, man sollte mal genau darüber nachdenken.

Falls man tatsächlich in Panik ausbricht, wenn mal das Handy zu Hause liegen geblieben ist oder man keinen Empfang hat. Man muss sich ja schon entschuldigen, wenn man mal nicht ans Handy rangeht oder eine sms / Email nicht innerhalb weniger Stunden beantwortet hat. Jeder vermutet gleich ein Drama dahinter, wenn man nicht erreichbar ist.

Unsere Kinder haben ein Medienlimit – nur 1 Stunde pro Tag. Und wir?? Ich finde, wir sollten uns auch mal handyfreie Zonen einrichten, um mal abschalten zu können. Zeitlich und örtlich!! Am Esstisch hat kein Handy zu liegen und man springt auch nicht auf, wenn es klingelt oder piept. Auch im Urlaub sollte das Handy mal im Hoteltresor liegen bleiben – einmal am Abend zu schauen, ob etwas Wichtiges war, reicht doch aus! Ich werde es mir selbst hinter die Ohren schreiben – muss ich, ehe mich diese Mediengewalt völlig in der Hand hat!!

Einen Tag “smartphonefrei” pro Woche tut uns allen gut! Schaffen wir das?

Wenn ich also demnächst öfter mal “off” bin, sorgt euch nicht,
ich mache nur mal Pause!

Eure Stephie


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2 Kommentare

  • Antwort Anonymous 16. November 2013 at 14:45

    Ich habe auch kein Smartphone! Nur ein uraltes Handy seit den 90ern. SMS habe ich seitdem vielleicht insgesamt (!!!) 20 oder 30 Stück geschrieben. Unvorstellbar für die Suchtis ;-) Ich weiss nicht, warum die ganzen Lemminge und Mitläufer-Schafe dauernd an ihren vermaledeiten Smartphone rumhängen müssen. Mich nervt das gewaltig, dass dauernd auf der Straße sehen zu müssen, wie sie sich zu Sklaven des Handies machen, ohne selbst mal das Hirn anzuschalten, ob man das wirklich braucht. Ich hab RL Freunde, keinen einzigen Facebook oder Twitter Freund, und mir geht’s gut :-) Ich hab meinen Desktop PC und surfe darauf, wie immer, das reicht völlig aus. :)

  • Antwort Jackie 9. April 2013 at 17:10

    In unserem Haushalt hat keiner ein Smartphone. Wir telefonieren zu wenig und zu ungern:-).Wir haben ein Tablet und einen Pc. Reicht völlig .

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