Wer auf einer Party keinen Alkohol trinkt, ist entweder schwanger, trockener Alkoholiker oder ist halt der, der noch Autofahren muss. Weitere Argumente werden von der Gesellschaft kaum akzeptiert – maximal gelten noch religiöse Gründe. Ich gebe zu, das hätte ich selbst nicht vermutet. Alkohol ist nicht nur sozialverträglich, sondern fast schon ein “Muss”. Nun aber lebt mein Mann seit fast einem Jahr komplett alkoholfrei – weil ihm die Welt ohne den Alkohol einfach besser gefällt. Wieso das so ist, erfahrt ihr gleich.
Ich selbst kenne die vermeintlich lustigen Sprüche, die ich mir anhören muss, wenn ich aufgrund der Einnahme von Medikamenten auf Alkohol verzichte: „Ach was, die wirken dann doch noch viel besser!“. Dass jemand möglicherweise keinen Alkohol konsumieren möchte, weil er sich (auch ohne jemals Alkoholiker gewesen zu sein) einfach dagegen entscheidet, zieht die Gesellschaft offenbar nicht in Erwägung.
Gedankenaustausch im Freundeskreis
Ich möchte kein Spielverderber sein, indem ich hier Alkoholkonsum thematisiere. Ich möchte lediglich bewirken, dass wir uns alle einmal Gedanken dazu machen. Durch das neue alkoholfreie Leben meines Mannes ist dies immer häufiger Gesprächsthema im Freundeskreis – und das ist gut so!
Auch mein eigenes Trinkverhalten hat sich verändert: Zu Hause öffne ich ja nicht nur für mich alleine eine Flasche Wein. Daher trinke ich zu Hause also fast nur noch Wasser oder andere alkoholfreie Getränke. Nur wenn wir ausgehen, trinke ich mal Wein – mit viiiiel Eis – und reichlich Wasser dazu.
Wie schätzt ihr euer Trinkverhalten ein? Ziemlich sicher viel harmloser als es ist, das war bei mir auch so. Hier gibt es einen Online-Test, mit dem ihr prüfen könnt, ab wann man bereits gefährdet ist, alkoholabhängig zu werden. Füllt diesen doch spaßeshalber mal aus, ihr werdet euch wundern!
Sind wir ohne Alkohol zu verkrampft?
Es war immer schon so, dass mein Körper rechtzeitig nach gewisser Anzahl von Weinschorle anmerkt, wenn ich besser den Rest des Abends nur noch Wasser trinken sollte. Sehr lange schon halte ich ohnehin es so, mindestens die doppelte Menge Wasser zu trinken (zwei bis drei Gläser Wasser auf ein Glas Wein). Dann passiert es gar nicht erst, die Kontrolle zu verlieren.
Bei Männern beobachte ich oft etwas Anderes – ohne pauschalisieren zu wollen. Jeder Mensch ist anders und verträgt verschiedene Mengen. Aber auch ihr kennt den einen Freund / die eine Freundin, der/die es oft übertreibt, nicht wahr?
Die Menschen werden nicht witziger, wenn sie angetrunken sind – sie finden sich nur selbst lustiger!
Ich kenne meinen Mann nun seit über 20 Jahren und er war immer jemand, mit dem man gut lachen und feiern kann. Ob mit Alkohol oder jetzt eben ohne. Seitdem mein Mann bei Partys auf Alkohol verzichtet, hört er immer wieder Sprüche wie: „Früher warst du aber witziger. Trink‘ dir mal wieder einen!“ . Möglicherweise konnte mein Mann bloß nicht über den blöden Witz lachen, den dieser Mensch zuvor in die Runde geworfen hatte? Als Nüchterner zwischen Alkoholisierten zu sein ist auch nicht einfach.
Warum muss man sich ständig rechtfertigen, alkoholfrei bleiben zu wollen? Wer aufhört zu rauchen, bekommt Komplimente – wer aufhört Wein, Bier und Schnaps zu konsumieren wird teilweise sogar verhöhnt.
Wahre Freunde akzeptieren und gratulieren
Wird jemand, der auch in großer Runde keinen Alkohol trinkt, plötzlich zum Außenseiter? Nein, denn es gibt noch echte Freunde, die ihn sogar dafür bewundern, dass er auch in Gesellschaft auf den üblichen Rausch verzichten kann. Alkohol ist (nicht nur) in unserem Land zu einer akzeptierten Gesellschaftsdroge geworden.
Ich selbst trinke weiterhin mein Gläschen Wein oder Bier auf Partys und kann das mit gutem Gewissen genießen, auch wenn mein Mann zu Wasser, Ginger Ale oder alkoholfreiem Bier greift. Er ist ja nicht als Prophet unterwegs, der anderen sagt, was sie trinken sollen. Doch umgekehrt ist es offenbar so, dass viele Menschen missionieren, wie viel besser eine Party mit Alkohol ist…
Alkoholfrei auf Partys – “nur das eine Glas”?
Mich macht das nachdenklich. Warum ist das so?
Fühlen sich (vor allem Männer) unwohl, wenn diese selbst viel trinken und ein anderer bekommt in nüchternem Zustand mit, wie sie sich unter starkem Alkoholeinfluss benehmen? Immer wieder wird er gefragt, ob er „nicht mal eine Ausnahme“ machen kann oder „nur das eine Glas“ mittrinkt. Es nervt!
Der Rausch ist nicht nur salonfähig, er wird fast schon erwartet.
Alkohol wirkt betäubend – bei Stress, Trauer und wahrscheinlich hilft er tatsächlich schüchternen Menschen, mehr aus sich heraus zu kommen. Doch hilfreich ist das ja nicht wirklich, wenn wir ehrlich zu uns selbst sind.
Wir sehen Alkohol als Genussmittel. Nach einem anstrengenden Tag bei einem Glas Wein zu entspannen ist ja etwas Schönes, so sah ich das bisher auch. Doch letztlich ist es doch nur eine Angewohnheit, wie der Kaffee am Morgen, um wach zu werden. Möchten wir Alkohol zur Gewohnheit werden lassen – und ab wann gilt man bereits als abhängig?
Auch ich genieße es, mich beispielsweise nach der Golfrunde mit einem Glas Bier zu belohnen. Aber wir brauchen keinen Alkohol, um uns vom Tag zu erholen und auch nicht, um ein erfülltes Leben zu haben. Mindestens vier Tage pro Woche bleibe ich komplett alkoholfrei, das bin ich meiner Gesundheit schuldig. Ich zähle das nicht ab, sondern lebe einfach danach – und es tut mir richtig gut, ganz bewusst auf das abendliche Glas Wein zu verzichten!
Nicht zu vergessen ist hier auch unsere Vorbild-Funktion als Eltern: Möchten wir unseren Kindern vorleben, dass Alkohol zum Alltag gehört? Ganz sicher nicht!
Was sich mental und körperlich verändert, wenn man auf Alkohol verzichtet
Auch Gespräche mit einem Freund, dem Ex-Fußballprofi Uli Borowka, haben meinen Mann dazu motiviert, mal einige Monate auf Alkohol zu verzichten. Uli Borowka (“die Axt”) war während seiner Profikarriere als Fußballer alkoholabhängig und engagiert sich heute aktiv mit seiner gemeinnützigen Stiftung in der Suchtprävention und Suchthilfe. Die Geschichten, die Uli zu erzählen hat, verleiten in der Tat dazu, über das eigene Verhältnis zum Alkohol nachzudenken.
Nach kurzem Verzicht schon hatte mein Mann gar keine Lust mehr auf Bier, Wein und Schnaps. In den ersten Wochen ohne jeglichen Alkohol konnte mein Mann bereits körperliche Veränderungen spüren und sehen: Sein Hautbild, das bisher eher trocken und zu Schuppenflechte neigte, wurde zusehend besser! Jahrzehnte lang brauchte er kortisonhaltige Präparate – und schon nach wenigen Wochen ohne Alkohol konnte er diese komplett absetzen.
Körperlich und geistig auf der Höhe
„Die Konzentration steigt enorm,“ erzählt er. Schwierige Projekte bearbeitet er immer schon am Wochenende, weil dann das Büro geschlossen ist und er sich so besser nur auf diese Sache konzentrieren kann. Ohne den Alkoholkonsum am Vorabend geht das nun viel konzentrierter vonstatten, eben mit viel mehr Kraft und Klarheit. Auch ist er nicht so früh müde wie sonst und er schläft wesentlich besser. Generell macht alles im Bett noch viel mehr Spaß, wenn ihr versteht, was ich meine.
Tja, und eine angenehme Nebenwirkung bei Verzicht auf Alkohol ist tatsächlich die Gewichtsreduktion. Mein Mann hat innerhalb von etwa 2 Jahren gute 50 kg an Gewicht abgenommen, was auch gesundheitlich sinnvoll und notwendig war. Die ersten 35 kg hat er durch gesunde Ernährung und Sport abgenommen, den Rest durch das alkoholfreie Leben. Alkohol hat eben nicht nur viele Kalorien, sondern verleitet auch zu vermehrter Nascherei.
Alkohol bei Jugendlichen
Ein wichtiges Thema ist derzeit in einigen befreundeten Familien der erschreckend frühe Alkoholkonsum bei Jugendlichen. Schon im Alter von 12 – 13 Jahren, so berichten mir Eltern, treffen sich Klassenkameraden der eigenen Kinder regelmäßig zum Trinken auf gewissen Plätzen. Dabei wird oftmals nicht “nur” Alster oder Radler getrunken, sondern auch starke Schnäpse und Liköre (deren Marken ich hier nicht nennen möchte). Im übrigen möchte ich hier erwähnen, dass auch in alkoholfreiem Bier oft dennoch Alkohol enthalten ist, wenn auch geringfügig.
Grenzen auszutesten und zu überschreiten gehört zum Erwachsen werden dazu. Doch in diesem zarten Alter schon regelmäßig Alkohol zu konsumieren – da hört der “Spaß” für mich auf! Viel gewonnen haben wir Eltern, wenn sich die Kinder uns anvertrauen. Es ist wichtig, darüber offen zu reden – und wenn ihr das hier jetzt lest: Dann fragt doch eure Teenie-Kinder mal, ob sie Gleichaltrige kennen, die schon Kontakt zu Alkohol und Nikotin haben. Möglicherweise bekommt ihr darüber einen guten Zugang zum Thema.
“Achtet darauf, ob sich eure Kinder verändern”, steht in einigen Ratgebern, die ich bei meiner Recherche zum Thema las. Das finde ich enorm schwierig, denn im Teenager-Alter verändern sich die Kinder doch immer irgendwie: die Konzentration lässt nach, sie werden dünnhäutig und ziehen sich zurück… Ihr kennt das. Daraus sofort ein Suchtproblem abzuleiten zeigt den Kinder möglicherweise, dass ihr ihnen nicht vertraut. Geht also bitte sehr sensibel mit dem Thema um. Tipps für ein Gespräch und Maßnahmen zum Umgang damit findet ihr in diesem kostenlosen Ratgeber als PDF.
Die liebe Patricia hat in ihrem Blog einen Beitrag mit Tipps zum Thema Jugendliche und Alkohol geschrieben. Schaut mal rein.
Wie denkt ihr zum Thema Alkohol? Möchtet ihr das mal im Familien- und Freundeskreis thematisieren oder ist es eher ein Tabu?
Schreibt mir gerne in die Kommentare. Ich freue mich!
Herzlichst, eure
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7 Kommentare
Liebe Stephie,
dein hervorragender Artikel spricht mir aus der Seele. Ich trinke zwar Alkohol, aber in Maßen und fühle mich immer wieder von Freunden unter Druck gesetzt, doch mehr zu trinken. Oft wird man zum “unlustigen” Außenseiter, wenn man nicht stundenlang mittrinkt. Kürzlich waren mein Mann und ich mit Freunden ein Wochenende weg, worauf ich mich sehr gefreut hatte. Ab 12h versackte aber ein Teil der Gruppe in der Markthalle beim Weinchen, u.a. mein Mann. Wir anderen schauten uns bei Traumwetter die Stadt an, erhielten peinlich Bilder der “Trinker” und sahen sie erst zum Essen um 21h wieder, denn als die Markthalle um 17h schloss, mussten sich alle erstmal hinlegen. Kommentar, als wir uns beschwerten: “Ihr hättet ja bleiben und mittrinken können, dann wärt ihr jetzt nicht so mies gelaunt.” Super… Und wie du auch schreibst: Viele “Witze” und Bemerkungen sind (fast) nüchtern nicht auszuhalten, sodass man die Wahl hat zu gehen oder gegen seinen Willen mitzulachen, wenn man nicht als Zicke o.ä. bezeichnet werden will.
Mein Sohn und seine Freunde (15-17 Jahre) trinken interessanterweise kaum etwas, dafür stehen bei den Jungs Energy-Drinks hoch im Kurs (was sicher auch nicht super ist), damit sie stundenlang Computer spielen können.
Letzte Woche habe ich übrigens eine interessante Studie im Fernsehen gesehen: Es wurde Alkohol mit anderen Drogen verglichen bzgl. der “Schädlichkeit” und u.a. wurde in die Studie miteinbezogen, wie sehr das Umfeld unter dem Konsum leidet. Tatsächlich landete Alkohol vor allen anderen Drogen auf Platz ein, was mich dann doch überrascht hat.
Aber, wie oben gesagt, ich trinke auch gerne mal ein Gläschen. Was mir fehlt: Eine Alternative zu Wein bei einem schönen Essen. Natürlich trinke ich auch nicht ungerne stilles Wasser, wenn wir essen gehen, aber ein passender Wein zu einem Gang ist schon etwas Feines. Und da kann auch kein Fruchtsaft o.ä. eine Alternative sein; zu süß. Kürzlich habe ich ein paar in der Zeitung empfohlene Rezepte ausprobiert (u.a. Kirschsaft mit Pfeffer etc. aufkochen), doch nichts hat mich begeistert.
Danke für den Blogbeitrag. Mit Alkohol und Zucker werden die Leute auch süchtig. Doch das Monopol hat die Industrie darauf.
Ja, kann Dir wirklich nur zustimmen. Trinke seit fast 9 Jahren keinen Alkohol. Im Grund ist es als Experiment gestartet und soviel Spaß gemacht, dass ich es in meinem Leben verankert habe.
Immer noch höre ich die gleichen Sprüche a la mach doch mal eine Ausnahme oder bist Du trockener Alkoholiker?
Das ist für mich das erschreckende, dass es einfach dazu gehören MUSS. Kombiniert mit einer total verfehlten Drogenpolitik wird hier ein sehr gefährliches Bild an die nächsten Generationen gesendet.
Der Tag geht Jonny Walker kommt,
Jonny Walker geht und die Leberzirosse kommt. PROST
Kann ich ein Lied von singen bin z.T schon dazu übergegangen nicht mehr zu sagen, dass ich keinen Alkohol trinke sondern mir einfach ein Glas geben zu lassen und dieses nicht anzurühren ♀️
Liebe Anne,
eigentlich ist es doch verrückt, Strategien finden zu müssen, um nicht damit anzuecken, alkoholfrei bleiben zu wollen! Ich wünsche mir da ein Umdenken in der Gesellschaft. Auch wenn ich selbst hier und da ein Glas Wein trinke, darf ich doch andere nicht dafür verurteilen, wenn diese darauf verzichten. Leben und leben lassen! LG, Stephie
Liebe Stephie,
Vielen Dank für den schönen Artikel. Witzigerweise war Alkoholkonsum heute morgen ein Gesprächsthema zwischen meiner 14-jährigem Tochter und mir. Sie erzählte mir unter anderem, dass sie ganz erstaunt sei, wer schon alles von Ihren Mitschülerinnen Alkohol getrunken hätte. Außerdem meinte sie, sie verstehe gar nicht, warum man überhaupt Alkohol trinkt und fände es sehr verwunderlich, warum das und auch das Rauchen, obwohl es in ihrer Altersstufe verboten ist, trotzdem eigentlich toleriert wird. Sie selber trinkt nicht, was eventuell mit unserem Vorleben als Eltern (wir trinken beide nichts) zu tun hat. Zusätzlich hatten wir aber auch im Zug mal ein sehr unschönes Erlebnis mit einem Betrunkenen. Auch unsere anderen beiden Töchter (16 und 18) trinken nichts. Die Grosse findet es angenehm, dass sie jetzt auch sagen kann, sie ist die Fahrerin… Aber auch von ihrer Seite kamen schon öfter Themen auf, wie das Unverständnis, warum so viele trinken und damit auch noch prahlen und wie schnell man auch in eine Aussenseiterposition rutscht, weil man nichts trinkt.
LG Ramona
Liebe Ramona,
vielen Dank für deinen Einblick in eure familiäre Einstellung zum Alkohol. Wir sprechen auch viel über das Thema und ich war erstaunt, dass sich bereits 12-jährige zum Alkoholkonsum öffentlich treffen. Ist der Alkohol schon so selbstverständlich geworden? Mein Mann wollte es ausprobieren, wie es ich anfühlt, mal einen Monat komplett auf Alkohol zu verzichten. Nach dieser Zeit fragte er sich, warum er überhaupt wieder Alkohol trinken sollte, wenn er sich doch ohne so viel besser fühlt. Ich wünsche mir, dass der allgemeine Alkoholkonsum mal in den Freundeskreisen offen diskutiert wird. Dann wäre schon viel gewonnen! LG, Stephie