Eine Woche der Ereignisse – das Leben im Querschnitt

19. Mai 2014

Manchmal ist es so, dass eine einzige Woche den Durchschnitt eines ganzen Lebens beschreibt. Die letzte Woche war eine solche. Man denkt: alles läuft im normalen Rhythmus, es wird sicher eine Woche wie jede andere und dann kommt alles anders!



Die Woche startete damit, dass unsere Tochter mit bellendem Husten und abgeschlagen aufwachte und völlig klar war: Schule? Auf keinen Fall! Geplante Vormittagstermine mussten verschoben werden und die Gänge zur Apotheke und zum Supermarkt blieben die einzigen außer Haus. Alles halb so wild, aber irgendwie schien das der Start in eine kuriose Woche zu werden. Am Nachmittag fühlte sie sich bereits viel besser und durfte noch zu einer Kommunion-Nachfeier gehen. Bei uns eigentlich absolut tabu: denn wer nicht zur Schule geht, der geht an dem Tag auch nicht woanders hin. Aber irgendwie dachte ich an diesem Tag anders als sonst. Kurz zuvor hatte ich nämlich von einer Frau, die mich schon viele Jahre meines Lebens begleitet gehört, dass sie schwer krank ist – was mich sehr traurig stimmt. Regeln kann man aufstellen, aber manchmal kommt eben das Leben dazwischen!

Am Dienstag stellte ich fest, dass unser Sohn nun auch vom Kinderarzt als “Jugendlicher” bezeichnet wurde, was ich bisher noch gar nicht so realisiert hatte. Bei der üblichen Vorsorgeuntersuchung bat der Arzt mich, den Raum zu verlassen, er spräche mit Jugendlichen gern allein über deren Belange und Fragen. Ich saß also allein im Wartezimmer und wartete auf meinen Jungen, der doch gerade erst 13 Jahre alt geworden war. Tatsächlich dachte ich nach über die Zeit, wo sie wohl geblieben ist – wie ein altes Muttchen. Ist heute der Tag, an dem ich begreife, dass ich kaum noch Einfluss auf mein großes Kind habe? Bin ich ab sofort nicht mehr da, um ihn zu erziehen – sondern nur noch, um ihn zu beraten? Ich sage euch, da geht einem so einiges durch den Kopf!

Der Mittwoch ist geprägt von Sport – ich strampele mir scheinbar alles vom Leib:  90 Minuten Schwimmen inkl. Quatschen mit einer Freundin, die ich lange nicht gesehen hatte. Abends reizt es mich, trotzdem noch Pilates zu machen und kann kaum noch aufhören. Der Sport tut mir unsagbar gut! Ein Glas Wein mit meinem Mann rundet den Tag ab und belohnt mich für den sportlichen Ehrgeiz.

Dafür am Donnerstag Muskelkater an den richtigen Stellen und #100DAYS Sportprogramm auf low. Meine Tochter hat einen deftigen Rückfall und leichtes Fieber dazu – womit das Wochenende in Gefahr ist. Geplant ist nämlich ein Familienwochenende in Berlin: Die Männer wollen ins Stadion zum Pokalspiel und die Frauen zum Shoppen – wie sich das gehört. Aber damit ist der Donnerstag lange nicht abgehakt: Immerhin werden wir heute Abend noch erfahren, dass unser Sohn die Krücken noch weitere Wochen zur Hilfe nehmen muss und auch den orthopädischen Schuh nicht so schnell ablegen wird. Ende dieser Untersuchung: 22.15h !! 

Am Freitag ist es für beide Kinder unmöglich, zur Schule zu gehen: die Tochter immernoch schlecht dran und mein Sohn und ich müssen unbedingt noch mit dem Arzt sprechen, wie er nun die neuen MRT-Aufnahmen vom Vorabend auswertet. Nach langen Wartezeiten und unzufrieden stellender Diagnose verlassen wir die Praxis und denken wiedermal darüber nach, ganz kurzfristig die Pläne zu ändern und zu Hause zu bleiben. NEIN! Irgendetwas treibt uns, es trotzdem zu tun. Kilometer lange Staus lassen uns vermuten, es sei ein Zeichen zur Umkehr, aber wir harren aus und werden am späten Abend endlich Berlin erreichen. Ich fühle mich, als schleppte ich ein Lazarett mit mir herum: mein Junge auf Krücken und mein Mädchen mit Fieber in der pulsierenden Großstadt. Kopfschütteln über mich selbst. Wir ziehen das jetzt durch – und es ist wundervoll! Ein toller Samstag – mit Überraschungen:

Plötzlich und unerwartet läuft uns mein Vater mit seiner Frau in die Arme. Wir wussten voneinander überhaupt nicht, dass wir beide in Berlin sein werden. Das Kuriose noch dazu: mein Vater lebt in Spanien, daher mehr als unwahrscheinlich, sich zufällig irgendwo treffen zu können. Zumal die ganze Stadt ja von Fußballfans belagert war, so dass man sich fest an der Hand halten musste, wenn man sich nicht verlieren wollte.. Natürlich wurde das gebührend “gefeiert” – bis wir unseren Plänen nachgehen mussten.
Eine weitere Erkenntnis des Samstags: unsere Tochter ist mit ihren 10 Jahren erstmals richtig shoppingbegeistert und es tut uns beiden unwahrscheinlich gut, mal ganz allein zu sein. Nur Mama und Tochter – Arm in Arm! Ja, das geht schon – sie ist ziemlich groß für ihr Alter und wir haben es alle beide sehr genossen. Ich sinniere schon, irgendwann einmal mit ihr zum Shoppen nach NewYork zu fliegen..

Am Samstagabend erreicht mich noch die wundervolle Nachricht von der Geburt eines kleinen Mädchens. Eine Freundin ist Oma geworden! Ich freue mich so sehr, dass ich die Hotelbar nach Sekt durchwühle und auf die kleine Maus, die Mama und die Oma anstoße. 

Der Rückschlag kam am Sonntag, der die Woche traurig zu beenden schien: Der frühere Fußballtrainer unseres Sohnes stirbt mit gerade mal 43 Jahren – er hinterlässt nicht nur seine Eltern, sondern auch seine liebe Frau und seine beiden Kinder, die im Alter meiner sind. Es hatte sich wohl abgezeichnet, da er sehr krank war, aber man hatte große Hoffnung – die sich leider nicht bestätigt hat. Der abgedroschene Spruch “Einer kommt – einer geht” wischt kurz durch den Kopf und hinterlässt Bestürzung und Wehmut der Familie gegenüber. Man sieht, wie traurig das Leben sein kann und beschließt noch beim Frühstück, alle Zeit zu nutzen und öfter mal spontan zu sein. Von Berlin aus wollen wir also meinen Bruder mit Familie besuchen, die wir aufgrund der Entfernung nicht so oft treffen können. Es war wunderschön – wie auftanken – für die Kinder (die sich immer sehr vermissen) und für uns! Manchmal muss man Pläne ändern können und dem Leben Platz machen!! Das ist es, was ich aus der vergangenen Woche gelernt habe.

Freude und Leid liegen nah beieinander. Nehmt das Leben beim Schopf!!

Alles Liebe, eure Stephie

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3 Kommentare

  • Antwort Simone 20. Mai 2014 at 19:51

    Liebe Stephie,
    ein toller Bericht über das wahre Leben. Traurig und schön zugleich.
    Liebe Grüße
    Simone

  • Antwort Svenja 19. Mai 2014 at 20:35

    Puh. Uff. Ja. JA! Genau so ist das – und wir müssen irgendwie schauen, wie trotzdem die Familie im Gleichgewicht bleibt und alles funktioniert. Aber Ausnahmen machen wird auch bei uns immer wichtiger, seit die Kinder größer sind. Die gemeinsame Zeit ist kostbar, lasst sie uns genießen. Danke für Deine Anregungen Stephie.

  • Antwort Sandra bloggt 19. Mai 2014 at 17:01

    Das ist so richtig, Stephie! Wir müssen das Beste aus unserem Leben rausholen und immer wieder dankbar dafür sein, dass es uns gut geht. Das wir gesund sind. Auch wenn es sich noch so abgedroschen anhört. Es ist so wahr und Du hast es so schön geschrieben!
    Drück Dich – Sandra

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