Mit wachsendem Alter kommt es immer häufiger vor, dass Kinder allein zu Hause bleiben möchten. Ich selbst habe mich dabei immer wieder gefragt, was das Familienrecht dazu sagt und wie ich meine Kinder gut vorbereite für die Zeit, in der sie mal stundenweise allein bleiben.
Wie lange brauchen die Kinder einen Babysitter?
Wir haben erst spät damit angefangen, unsere Kinder abends allein zu Hause zu lassen, was manche Freunde amüsierte. Es war mir aber egal, was andere denken. Mir war immer wichtig, dass ein Babysitter im Haus war, wenn wir abends ausgingen. Ich hatte Glück, denn wir konnten auf gleich drei Nachbarskinder zurückgreifen, die alt genug waren, um auf unsere Kinder aufzupassen.
Und die Mädels freuten sich über den kleinen Zuverdienst zum Taschengeld. Außerdem kannten sie unsere Kinder bereits von Geburt an und kamen entsprechend gut mit den Kindern und den Gegebenheiten in unserem Haushalt zurecht. Heute noch gibt es immer wieder schöne Rückblicke auf diese Zeit.
Nie hatte ich Sorge, dass unsere Kinder allein zu Hause etwas anstellen würden. Schließlich haben wir sie von Anfang an zur Selbständigkeit und Umsicht erzogen. Meine Befürchtung war viel eher, dass irgendwer in unser Haus einsteigt und damit unsere Kinder vor eine unlösbare und nachhaltig traumatische Situation stellt. Oder dass doch mal eines der Kinder eine brennende Kerze vergisst… Nun sind die Kinder zu Teenagern herangewachsen und natürlich brauchen und akzeptieren sie keinen “Babysitter” mehr.
Wie lange dürfen Kinder allein zu Hause ohne Aufsicht sein?
Das wollte ich immer schon recherchieren, um auch mit dem Familienrecht konform zu gehen. Rechtlich gesehen gibt es allerdings keine eindeutige Vorgabe, soviel schon einmal vorab. Denn einerseits haben Eltern eine Fürsorgepflicht, “…das Kind zu pflegen, zu erziehen und zu beaufsichtigen.” (§1631 BGB, Auszug) Dagegen steht die Aussage in §1626 BGB zur elterlichen Sorge:
Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewussten Handeln.
Ja, was denn nun? Klingt nach einem Spagat zwischen Fürsorgepflicht und Erziehung zur Selbständigkeit mit altersgemäßer Entwicklung zur eigenen Persönlichkeit. Bei der Recherche im Internet stieß ich darauf, dass Kinder bereits ab 3 Jahren einige Minuten allein zu Hause gelassen werden dürfen, sofern die beaufsichtigende Person sich im näheren Umfeld befindet. Beispielsweise, wenn die Mama kurz in den Garten geht oder die Nachbarin aufsucht und das Kind dazu in der Lage ist, allein zu bleiben.
Kindersichere Umgebung schaffen – dem Alter des Kindes angepasst
Gegeben sein muss selbstverständlich eine kindersichere Umgebung, was konkret heißt, dass beispielsweise Fenster geschlossen sind (damit das Kind nicht herausfallen /-klettern kann) und Gefahrenquellen wie Herd, Strom, Gas, Wassertröge etc. nicht erreichbar sind. Ihr wisst, was ich meine. Mir geht es hier ja nicht um die rein rechtliche Darstellung der Aufsichtspflicht. Doch ehrlich gesagt, habe ich selbst meine Kinder erst viel später mal für ein paar Minuten aus den Augen gelassen. Outet mich das jetzt?
Es ist okay, auch Grundschulkinder für wenige Stunden allein zu lassen, wenn die Eltern ihnen dies zutrauen und das Kind selbst nicht zu ängstlich dabei ist. Ältere Kinder dürfen auch mal über Nacht allein zu Hause bleiben, wenn diese über eine gewisse Reife und Persönlichkeitsentwicklung verfügen. Bei Jugendlichen über 14 Jahren gibt sogar gar keine Beschränkung mehr zum Alleinlassen*. Das fand ich sehr interessant zu lesen!
Kinder allein zu Hause lassen: Sinnvolle Vorbereitung
Wenn unsere Kinder also reif genug sind, um allein zu Hause bleiben zu können, sollten wir ihnen vertrauen, dass die das auch schaffen. Als meine Kinder in der Grundschule waren, bin ich mal kurz allein zum Einkaufen gefahren oder habe mit der Nachbarin in deren Garten Kaffee getrunken. So habe ich meine Kinder langsam damit vertraut gemacht, wie es für sie allein zu Hause ist.
Dazu habe ich damals (Grundschulalter) folgende Vorbereitungen getroffen:
- Handynummer in die Wahlwiederholung einspeichern, damit ich per einfachem Knopfdruck erreichbar bin. (Damals hatten meine Kinder noch kein Handy.)
Manchmal bekam unsere Tochter dann doch mal Angst, während ich unterwegs war. Sie rief mich an und blieb am Apparat, bis ich zu Hause war. Dafür empfiehlt sich unbedingt eine Freisprechanlage im Auto. ;-) Wir haben uns Geschichten erzählt, miteinander gelacht und ruckzuck war ich auch schon wieder da. - Wir haben die Kinder eingeschworen, weder den Backofen, Herd noch andere elektrische Geräte in unserer Abwesenheit alleine zu benutzen. Alle anderen Gefahrenquellen waren bei uns grundsätzlich ausgeschaltet. Geht dafür mal mit Kinderaugen durch die Wohnung…
- Außerdem sollten sie das Klingeln fremder Personen ignorieren. Zum Glück verfügen wir immer schon über eine Kamera an der Haustür, wodurch die Kinder sofort sehen können, wer vor der Tür steht. Wir haben dazu genau besprochen, mit wem sie über die Sprechanlage reden dürfen und wer komplett ignoriert wird. Die Tür blieb grundsätzlich zu, sofern es nicht Oma, Opa, Mama oder Papa waren, die um Einlass baten.
→ Das haben wir sogar einmal getestet (mit einem Freund, der klingeln sollte und den Kindern Argumente lieferte, warum er ins Haus muss) – es hat funktioniert, die Kinder haben ihn tatsächlich nicht hereingelassen! - Auch tagsüber haben wir Licht in verschiedenen Räumen eingeschaltet, damit das Haus von außen belebt aussieht. Im Wohnzimmer lief zusätzlich der Fernseher, wenn wir abends die ersten Versuche starteten, die Kinder ohne Babysitter allein zu Hause zu lassen.
- Wir haben die Türen von außen abgeschlossen, aber dafür gesorgt, dass von innen ein Schlüssel steckte, falls die Kinder im Notfall das Haus verlassen müssen.
- Alle direkten Nachbarn wissen immer Bescheid, wenn die Kinder allein zu Hause sind. So können sie eingreifen, wenn Ungewöhnliches um unser Haus herum passiert. Auch können sie der Feuerwehr und Polizei mitteilen, dass Kinder allein im Haus sind, sollte sich in dieser Richtung ein Horror-Szenario abspielen, was sich niemand ausmalen möchte.
Prävention – wenn Kinder allein zu Hause sind
Gefahren erkennen und mit den Kindern besprechen
Niemand von uns möchte wirklich darüber nachdenken, was passiert, wenn jemand unbefugt in unsere Wohnung eindringt oder gar ein Feuer ausbricht. Wenn dann auch noch die Kinder allein zu Hause sind, ist das der Alptraum schlechthin! Doch die Möglichkeit besteht ja, trotz aller Vorbereitungen, die wir vorab getroffen haben. Mir selbst ist es schon passiert, dass jemand am Vormittag in unser Haus eindringen wollte, während ich selbst zu Hause war. Zum Glück war da noch eine geschlossene Terrassentür zwischen uns und er hatte diese noch nicht öffnen können. Wir blickten uns quasi Auge in Auge und er lief weg…
Nicht ängstigen, aber dennoch sensibilisieren
Unseren Kindern haben wir erst nach Rücksprache mit der Kriminalpolizei davon erzählt. Die Beamten fanden es wichtig, die Teenager darüber zu informieren und ihnen zu sagen, was sie in dem Fall tun sollen, wenn ihnen dasselbe passiert. Kleineren und sensiblen Kindern sollten wir davon lieber nichts erzählen, denn das bringt eher schlechte Träume und ein Gefühl der Unsicherheit. Unsere Kinder (damals 12 und 15 Jahre) sind tatsächlich sehr gut damit umgegangen und haben keine erkennbar psychischen Schäden davongetragen.
Also sollten wir klar mit unseren Kindern besprechen, was sie im Fall von Einbruchsversuch, Unfall oder Feuer konkret zu tun haben. Dazu habe ich für euch ein PDF zur Prävention erstellt, das ich mit Hilfe des Präventionsportals der Polizei recherchiert habe. Gern dürft ihr das PDF-Dokument kostenlos downloaden und ausdrucken.
Ab wann können wir Teenager über Nacht allein zu Hause lassen?
Die Frage dessen, ab wann unsere Teenager reif genug sind, um auch über Nacht allein zu Hause zu bleiben, ist genauso individuell wie unser Teenager. Es gibt Dreizehnjährige, die schon wirken wie Sechzehnjährige und sich entsprechend vernünftig verhalten. Doch ich kenne auch Sechszehnjährige, die von sich aus gar nicht über Nacht allein zu Hause bleiben möchten, weil diese Angst vor einem möglichen Einbruch haben. Diese Ängste müssen wir in jedem Fall ernst nehmen und sie nicht einfach kleinreden.
Unsere Tochter ist dreizehn Jahre alt und kann mit ihrem sechzehnjährigen Bruder inzwischen mal über Nacht allein im Haus bleiben. Alle Nachbarn wissen Bescheid und manchmal kommen sogar noch Freunde dazu, mit denen sich unsere Kinder einen netten Videoabend mit Pizza, Chips und Cola machen. Wir wissen, dass unsere Kinder diese Situation nicht vollends ausnutzen und daher können wir gelassen über Nacht wegfahren, ohne nachher eine Chaosbude vorzufinden oder Sorgen vor Schnapsleichen und Polizeibesuch zu haben.
Generell aber konnte ich recherchieren, dass keine dauernde elterliche Aufsichtspflicht mehr besteht, wenn die Kinder über 14 Jahre alt sind. Selbstverständlich setzt hier das Jugendschutzgesetz weitere Grenzen, die beachtet werden müssen. In diesem Artikel geht es aber zunächst nur darum, ab wann mein Kind über Nacht allein zu Hause bleiben darf.
Regeln treffen für Teenager, die über Nacht allein bleiben
Unerlässlich sind gewisse Regeln, wenn Kinder allein zu Hause bleiben. Vor allem dann, wenn Teenager mit Freunden bei uns allein zu Hause sind. Das hier sind unsere persönlichen Regeln:
Nachbarn wissen Bescheid
Nicht nur die Nachbarn wissen, dass unsere Teenies die Nacht allein im Haus verbringen. Auch die Eltern der Freunde, die mit ihm Haus schlafen müssen darüber Bescheid wissen, dass keine erwachsene Aufsichtsperson dabei ist.
Zustand des Hauses erhalten
Die Überschrift klingt lustig. Doch so lustig ist es nicht, wenn wir Eltern nach Hause kommen und die Wohnung versinkt im Chaos: Bereits im Hausflur riechen wir verbranntes Popcorn. Doch wir steigen mutig über kreuz und quer verstreute Teenie-Klamotten und Schuhe, um noch vor Erreichen des Wohnzimmers bereits mit unseren Socken in den Cola-Pfützen kleben zu bleiben. Knirschend werden beim nächsten Schritt Chipsreste in die Socken einmassiert und von ausgespuckten Maiskörnern bespickt, die bei der Zubereitung des Popcorns nicht aufgegangen waren… Alles schon erlebt!
Unsere Regel heißt hier also seitdem: Wir möchten Küche und Wohnzimmer wieder so vorfinden, wie wir sie verlassen haben. Das gilt ebenso für alle anderen gemeinsam genutzten Räume. Die Kinderzimmer und der Partykeller dürfen auch mal am folgenden Tag erst gereinigt werden. Aber grundsätzlich gilt: Wer feiern kann, der muss auch aufräumen!
Keine Party ohne Absprache mit uns
Unsere Kinder haben selbst großen Respekt vor eskalierenden Partys und laden daher nur ganz enge und wenige Freunde ein, denen sie vertrauen. Wenn Freunde während unserer Abwesenheit zu Besuch kommen, dann wissen wir es vorher und haben es mit ihnen abgesprochen. An Alkohol und weiteren “Genussmitteln” sind unsere Kinder grundsätzlich überhaupt noch nicht interessiert – genauso wenig ihre Freunde. Darüber sind wir sehr dankbar! Bisher jedenfalls gab es noch keine üble Überraschung in dieser Richtung. *Klopf auf Holz*
Umsichtig bleiben mit Elektrogeräten, Kerzen & co
Sobald ich mit meinen Kindern per WhatsApp schreibe oder kurz mit ihnen telefoniere, nerve ich damit zu fragen, ob sie alles im Griff haben: “Kerzen nicht alleine lassen!” – “Ist der Backofen wieder aus?” – “Habt ihr alle Türen richtig geschlossen?” – Ihr kennt das… Zuverlässig müssen die Teenager schon sein, wenn wir sie allein zu Hause lassen wollen. Da muss jeder selbst entscheiden, wie reif das eigene Kind ist, um auch über Nacht allein zu Hause bleiben zu können.
Wir haben den Kindern eindringlich erklärt, wie es sich verhält, wenn sie sich nicht an die Regeln halten: Dann nämlich findet das nächste Wochenende für sie bei der Oma statt, anstatt allein zu Hause. Was generell natürlich auch schön ist für sie, aber noch lieber bleiben sie eben allein…
Fazit: Wenn Kinder allein zu Hause bleiben wollen
Allein zu Hause zu sein bietet unseren Kindern ein großes Stück Freiheit – genauso wie uns Eltern. Es ist doch wunderbar, spontan mal als Paar allein Essen zu gehen ohne die Kinder mitzuschleppen. Ab einem gewissen Alter möchten und brauchen unsere Kinder dafür keinen Babysitter mehr. Das verschafft uns Flexibilität und es schult die Kinder darin, selbständiger zu werden. Sie wachsen daran, selbstverantwortlich handeln zu dürfen.
Bestellt den Kindern doch vorab eine Pizza und lasst sie einen Film anschauen. So haben die Eltern frei und die Kinder ebenso. Es macht allen Seiten Spaß und später hat jeder etwas zu erzählen. Das ist doch herrlich!
Genießt also die Zeit, wenn die Kinder allein zu Hause bleiben wollen und schenkt ihnen Vertrauen. Die wuppen das schon, wenn sie alt genug sind! Schließlich haben wir sie doch dazu erzogen, auch mal allein Entscheidungen treffen zu können und eigenverantwortlich zu handeln.
Genauso dürfen wir auch Teenager mal über Nacht allein zu Hause lassen. Sofern gemeinsame Regeln getroffen wurden und diese eingehalten werden, bietet das uns Eltern auch eine ganze Menge neue Bewegungsfreiheit. Mal so ein Wochenende nur Mann und Frau zu sein und die Liebe zu feiern – das ist etwas ganz Wunderbares! Probiert es aus…
Alles Liebe, eure
Hier noch einmal das PDF zur Prävention: kostenloser Download
*Mein Artikel bietet keine rechtliche Grundlage und entstand ausschließlich aus eigenen Recherchen ohne professionelle Rechtsberatung. Ich gehe bei meinen Beschreibungen immer davon aus, dass es sich um körperlich und geistig gesunde Kinder und Jugendliche handelt. Hier möchte ich lediglich Eltern gute Tipps weitergeben zum Umgang damit, wenn die Kinder allein zu Hause bleiben wollen. Auch die Tipps zur Prävention und Verhaltensmaßnahmen stammen nicht von mir, sondern von den im Artikel angegebenen Portalen.
Alle Fotos dieses Artikels stammen von Pixabay.com und stehen mir zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung.
2 Kommentare
Liebe Stephie,
ja ein sehr lesenswerter und wichtiger Text. Danke auch für die Bereitstellung des pdfs. Beim damaligen ersten kurzen Alleinlassen der Zwillinge, hatte ich Schweißperlen auf der Stirn, ob alles noch an Ort und Stelle wäre… und es war ;-)
Lieber Sven,
die lieben Kleinen meistern viele Situationen doch viel besser als wir denken. Überrascht mich immer wieder aufs Neue! LG, Stephie